Darum ist Inklusion am Arbeitsplatz ein Gewinn

Wer ein Burnout erlitt, im Rollstuhl sitzt oder eine Lernschwäche hat, soll einem «normalen» Job nachgehen können, wie alle anderen auch. Was es für diese Inklusion braucht und weshalb sie alle Mitarbeitende betrifft, erklärt Chantal Cornaz, HR-Leiterin bei Caritas Schweiz.

Ich gehe eine Wette ein mit Ihnen: Ich behaupte, Sie begegnen dem vielleicht etwas abstrakt wirkenden Thema der Inklusion öfter als Sie denken, nämlich jeden Tag. Ob bei der neu sanierten Bushaltestelle, die nun hindernisfrei ist, bei Toiletten, die genderneutral sind oder beim Lift im Treppenhaus: All dies sind Massnahmen, um niemanden auszuschliessen.

Mittlerweile haben wir uns so sehr an diese Massnahmen gewöhnt, dass sie uns gar nicht mehr auffallen. Und das ist auch richtig so. Denn Inklusion ist dann hergestellt, wenn alle einbezogen sind (lateinisch «includere»), und man dadurch die Differenzen zwischen den Menschen gar nicht mehr wahrnehmen kann.

Während die Inklusion im öffentlichen Raum allmählich umgesetzt wird, ist sie am Arbeitsplatz häufig noch nicht vorhanden. Das ist schade. Denn die Inklusion ist sowohl für die betroffenen Personen als auch für die Unternehmen und Mitarbeitenden ein Gewinn.

Zwei Gründe, wieso Inklusion gerade am Arbeitsplatz wichtig ist

Doch von vorne. Wer ist überhaupt gemeint, wenn man von Inklusion spricht?

Umgangssprachlich wird der Begriff oftmals mit Menschen assoziiert, die eine körperliche Behinderung haben. Doch das Konzept ist viel breiter gefasst. Es bezieht sich auf alle Menschen, die eine Differenz aufweisen, sei es aufgrund einer psychischen Erkrankung wie ein Burnout oder eine Lernschwäche, ihres Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder der Weltanschauung.

«Inklusion eröffnet alternative Sichtweisen auf Prozesse und Arbeitsweisen.»

Chantal Cornaz HR-Leiterin bei Caritas Schweiz

Niemand darf aufgrund solcher Eigenschaften benachteiligt werden. Alle Menschen haben das Recht, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dabei nimmt die Inklusion am Arbeitsplatz eine besonders wichtige Rolle ein, und zwar aus zwei Gründen. Erstens verbringen wir den Grossteil unseres Alltags bei der Arbeit. Zweitens verdienen wir damit unseren Lebensunterhalt, was wiederum unsere Existenz sichert und die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Bestimmte Personen davon auszuschliessen oder ihnen den Zugang zu erschweren, widerspricht zudem dem Prinzip der Gleichberechtigung, einem wesentlichen Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft.

Ja, es kostet – aber es lohnt sich auch!

Sie fragen sich nun bestimmt: Wie kann Inklusion am Arbeitsplatz hergestellt werden?

Nun, zunächst müssen die Personen im Management davon überzeugt sein. Sie sind es schliesslich, welche die dafür notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und die Gelder sprechen. Denn ja, Inklusion herzustellen, kostet. Das darf es auch. Schliesslich sind es Investitionen, die sich später auszahlen werden.

Dazu ein Beispiel: Immer mehr Arbeitnehmende erleiden ein Burnout. Kehrt eine erkrankte Person ins Büro oder in die Werkstatt zurück, darf sie nicht mehr derselben Belastung ausgesetzt sein. Somit muss das Thema automatisch im ganzen Team angesprochen und die Abläufe oder Aufgabenaufteilungen dahingehend überprüft werden, wie ein Burnout künftig verhindert werden kann. Davon profitieren schliesslich alle Mitarbeitende.

Dieses Beispiel zeigt zudem, dass die Inklusion alternative Sichtweisen auf Prozesse und Arbeitsweisen eröffnet. Studien belegen, dass dadurch die Innovationsfähigkeit gesteigert wird und sowohl für das Unternehmen als auch für die Arbeitskolleg*innen ein Mehrwert entstehen kann. Eine Win-win-Situation also.

Neben der Überzeugung des Managements braucht es für die Etablierung von Inklusion am Arbeitsplatz ferner die Offenheit der Mitarbeitenden und eine enttabuisierte Kommunikation. Letzteres trägt dazu bei, für das Thema zu sensibilisieren sowie Fragen und Unsicherheiten zu klären.

Junge Arbeitnehmende sind besonders sensibilisiert

Mir ist klar: Die Inklusion am Arbeitsplatz benötigt auch zeitliche Ressourcen. Doch aus eigener Erfahrung bei Caritas Schweiz weiss ich, dass sie ein Gewinn für alle ist. Und das Thema gewinnt laufend an Relevanz. Gerade junge Arbeitnehmende bringen bereits ein Bewusstsein für Inklusion mit, da dieser Grundsatz bereits in vielen Schulen zum Standard gehört und alle Kinder miteinander unterrichtet werden.

Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis sich die Inklusion auch am Arbeitsplatz durchsetzt. Ich wette mit Ihnen: Es ist ein echter Mehrwert!

Caritas Schweiz

Caritas Schweiz verhindert, lindert und bekämpft Armut in der Schweiz und weltweit in rund 20 Ländern. Caritas Schweiz ist ein eigenständiger Verein mit Sitz in Luzern und Mitglied des internationalen Caritas-Netzwerks, das weltweit 160 Organisationen umfasst.

Gemeinsam mit den Regionalen Caritas-Organisationen setzt sich Caritas Schweiz ein für Menschen, die in der Schweiz von Armut betroffen sind: Familien, Alleinerziehende, Arbeitslose, Working Poor. In den Bereichen Armutsbekämpfung und Asyl und Integration bietet Caritas Schweiz vielfältige Angebote.

Weltweit leistet die Caritas Nothilfe bei Katastrophen und engagiert sich im Wiederaufbau. Mit ihren Projekten in der Entwicklungszusammenarbeit setzt sich die Caritas in den Bereichen Einkommen, Klima und Migration für Kinder und Erwachsene ein.

Die Caritas steht ein für eine solidarische Gesellschaft und eine Politik, die auf sozial benachteiligte Menschen im Inland und im Ausland Rücksicht nimmt. Sie engagiert sich mit Analysen und Stellungnahmen zu Klima-, Sozial-, Migrations- und Entwicklungspolitik.

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Autor*in

Chantal Cornaz

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